Ich möchte mich in dieser Artikelserie mit den sogenannten klassischen Verfahren, wie z.B. Zen Meditation beschäftigen. In diesen Methoden geht es immer darum, den sogenannten dualen Geist zu überwinden und in den Bereich des „darüber hinaus“, des Universalbewusstseins, der Erleuchtung, zu Gott, usw. usw. zu kommen.
Wer die vorherigen Artikel zuerst lesen will, der kommt hier zum Teil 1 und zum Teil 2
Alles ist Meditation?!?
Fragt man einen Menschen auf der Straße, was er sich unter Meditation vorstellt, wird er wohl einen schweigenden Yogi im Lotossitz vor Augen haben. Diese Annahme ist sehr weit verbreitet. Ich möchte den Meditationsbegriff jedoch deutlich erweitern. Ich zähle zur Meditation alles, was den Geist, die Energie und den Körper beeinflusst und in einer sich wiederholenden, ritualisierten Form abläuft. Meditation muss nicht still sein, sie kann sowohl in Bewegung wie auch in unbewegter Haltung, im Sitzen, Stehen, Gehen oder Liegen stattfinden. Somit gehören für mich Tai Chi, Qi Gong, Yoga, die Kampfkünste, der Drehtanz der Derwische, indianische Schwitzhütten dazu, genau wie die stillen Formen der Meditation aller buddhistischen und taoistischen Schulen, Visualisierungen, bestimmte Psychotherapierichtungen und sogar der christliche Rosenkranz. Die Liste ließe sich beinahe endlos fortschreiben. Dabei geht es mir vor allem darum festzustellen, dass die Herangehensmöglichkeiten an Meditation schier unerschöpflich sind.
Meditation ist mehr als nur Entspannung!
Zudem ist den meisten Verfahrensmöglichkeiten gemeinsam, dass sie Körper, Geist oder beides unter Stress setzen. Die Zen-Meditation mag zunächst einfach erscheinen, aber schon die ersten Knieschmerzen bringen uns oft an unsere Grenzen. Bei Tai Chi und Qi Gong stellen wir uns vielleicht langsame, entspannte und fließende Bewegungen vor, aber wenn man die gleiche ungewohnte Bewegung etwa eine Stunde lang übt, wird aus Entspanntheit schnell Anstrengung, sodass man am liebsten alles hinwerfen würde. Wer schon einmal eine echte indianische Schwitzhütte erlebt hat, wird danach das europäische Saunieren als recht angenehm empfinden. Dieser Druck, mit dem alle intensiven Techniken arbeiten, soll das Ego an seine Grenzen bringen. Wir erinnern uns: Es geht darum, unsere Begrenzungen zu überwinden und uns dem Universellen zu nähern. Wenn wir bei dem bleiben, was wir ohnehin schon kennen, wird uns dies nicht gelingen. Wir müssen unseren Wohlfühlbereich verlassen, um weiterzukommen. Dieser Mechanismus wird bewusst genutzt, um den Schüler oder die Schülerin mit etwas zu konfrontieren, das für ihn oder sie unangenehm ist.
Man kann die Meditationsschulen ganz grob in zwei Grundrichtungen unterteilen, die körperlich-energetische und die psychische-geistige. Diese Einteilung von mir fußt auf einem weiteren Modell, dass ich die drei Säulen der Existenz nenne. Ich möchte ich sie kurz mit diesem Modell bekanntmachen, dass aus meinen chinesischen philosophischen Wurzeln genährt wird. Ich unterteile den Menschen grob in drei Bereiche:
1. Bereich | Psyche, Bewusstsein, Denken, Gefühle |
2. Bereich | Energie, Körperempfindung, Gefühle |
3. Bereich | Materie, Knochen, Muskel usw. |
Wie bei jeder Einteilung muss man aber die Ganzheitlichkeit (Hier geht es zum Artikel über Ganzheitlichkeit) nie aus den Augen verlieren. Das heißt alle Bereiche sind miteinander vernetzt, was auch heißt, dass jeder Teil jeden anderen beeinflusst und keiner ohne den anderen existieren kann.
Der erste Bereich ist unsere Psyche, unser Bewusstsein, unsere Gedanken und Gefühle. Man könnte auch sagen, das sind alles Bereiche, die mit unserem Gehirn und unserem bewussten und unbewussten Geist vernetzt sind. Wenn sie an eine Situation denken, die ihnen unangenehm ist, dann fühlen sie sich in der Regel sofort schlechter, als noch vor einigen Augenblicken. Sie können den Effekt aber sofort wieder umdrehen, wenn sie an eine glückliche Situation aus ihren Leben denken. Unser Bewusstsein ist energetisch sehr „leicht“. Damit meine ich, dass es sehr leicht beeinflussbar und reaktionsfähig ist. Schließlich fließt in unseren Nervenbahnen auch wirklich realer Strom und der ist eben sehr reaktionsfähig.
Der dritte Bereich ist uns in unserer mechanistisch materiell ausgeprägten Gesellschaft gut bekannt. Die harte Materie benötigen wir, um in unserer Umwelt stofflich zu handeln und unsere Pläne umzusetzen. Hier bedarf es viel mehr Energie um einen Einfluss zu bemerken. Wenn sie hier an eine negative Situation denken, werden sie sich wohl kaum einen Knochen brechen. Dazu bedarf es eben auch materieller Energie.
Den zweiten Bereich nenne ich den Energiebereich. Damit meine ich alle Körperempfindungen und Körpersensationen. Er verbindet die vorherigen Bereiche miteinander. Wenn sie schon einmal verliebt waren, dann kennen sie sicher die Schmetterlinge im Bauch. Oder vielleicht das flaue Gefühl im Magen vor einer Prüfung, dass sich sogar bis zum Durchfall steigern kann. An diesen Beispielen sehen wir ein wichtiges Grundprinzip. Es gibt kein Gefühl ohne eine Körpersensation und diese Empfindungen können sogar so stark werden, dass sie in die Materie (hier der Durchfall) eindringen und unseren materiellen Körper zu Reaktionen zwingen. Deshalb ist dieser Bereich aus meiner Sicht so wichtig und wird leider in unserer Gesellschaft viel zu stiefmütterlich behandelt. Denn wenn ich will, dass ein Gedanke sich in meiner gesamten Existenz umsetzt, benötige ich den Energiebereich, um ihn in der Materie zu verankern. Wie schon erwähnt ergeben sich die zwei grundsätzlichen Schulen:
Körperliche und geistige Methoden.
Man könnte grob gesagt von zwei unterschiedlichen Ansätzen sprechen: Die eine setzt im energetisch-körperlichen Bereich an und versucht, von dort aus in den psychischen Bereich vorzudringen, um schließlich zum Eins Sein zu gelangen, das ins Universalbewusstsein mündet. Dazu gehören Techniken wie Tai Chi, Qi Gong und Yoga. Die andere Gruppe versucht, über Übungen die psychische Ebene zu beeinflussen und hier das Eins Sein zu verwirklichen. Im Laufe des Übens gesellt sich der energetische Bereich meist automatisch hinzu und wird einbezogen, bis man auch hier Grenzen überwindet. Zen-Meditation, viele buddhistische und taoistische Meditationen sowie Visualisierungen funktionieren nach diesem Prinzip. Beide Ansätze ergänzen ihre Praxis häufig mit unterstützenden Übungen aus der jeweils anderen Richtung. Deshalb gehört bei einer tiefgreifenden Tai-Chi-Ausbildung ab einer gewissen Stufe zwangsläufig auch die stille Meditation dazu, und deshalb werden im Zen inzwischen von Meistern auch Qi-Gong- und Yoga-Übungen verwendet, um den Körper zu lockern oder auf das Sitzen vorzubereiten. Aber beide Richtungen haben das gleiche Ziel: Am Ende jedes Entwicklungsprozesses soll die Erleuchtung stehen, also die Verwirklichung im Universalbewusstsein. Nur der Weg dahin ist unterschiedlich.
Hier muss ich aufpassen, um nicht in die Falle zu gehen, die eine Herangehensweise positiver als die andere zu beurteilen. Denn natürlich gibt es Unterschiede, und natürlich gibt es sehr verschiedene Ansichten, und ich habe intensive Erfahrungen mit beiden Ansätzen gemacht, vor allem mit Tai Chi, Qi Gong und Zen. Deshalb traue ich mir zu, die Vorzüge und auch die Fallen darzulegen, die auf beiden Wegen lauern oder in denen die Methode teilweise verfangen ist. Ich werde trotzdem versuchen, die Thematik so neutral wie möglich abzuhandeln.
Die energetisch-körperliche Schule
Hier steht meist die Ausführung einer körperlichen Bewegung oder Haltung im Vordergrund. In den meisten Fällen wird dies mit Atemtechniken und inneren Bildern oder Geisteshaltungen (z. B. „inneres Lächeln“, Mitgefühl) kombiniert. Dies führt bei entsprechender Übung zu einer erheblich verbesserten Körperwahrnehmung und der Entwicklung eines entsprechend starken Energiekörpers. Man lernt die inneren körperlichen und energetischen Zusammenhänge kennen und nach einiger Zeit auch zu beeinflussen. Man lernt sozusagen, im Körper und der Energie zu Hause zu sein und sich immer besser in diesem Haus zurechtzufinden.
Durch die Harmonisierung und Intensivierung des energetischen Bereichs wird einerseits der Körper geheilt, andererseits stellt sich auch psychisch ganz automatisch ein sicheres Ruhegefühl ein. Man empfindet innere Ruhe und Gelassenheit, da man sich auf seinen Körper und seine Energie verlassen kann. Fluss-Erlebnisse mit regelrechten Energieschüben beflügeln und machen glücklich. Es besteht eine gelassenes Sosein und Eins Sein im Körper. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Körper bekommt man im Normalfall auch eine gute Erdung, weil man durch diese Körperlichkeit immer mit der Materie arbeitet. Wenn die Erfahrungen echt sind, wird man nicht so schnell abheben und bewahrt sich durch diesen Materiebezug einen guten Realismus.
Die Gefahr bei diesen Methoden besteht vor allem darin, dass man lediglich versucht, in den energetischen Körper-Fluss zu kommen. Dies kann wie eine vom Körper selbst produzierte Droge wirken und in gewisser Weise abhängig machen. Zudem kann man glauben, dass dies das zu erreichende Ziel ist, und vielleicht in diesem Zustand schwelgen. Man sieht keinen Grund, sich zum Beispiel mit seinen psychischen Mustern zu befassen. Warum auch, schließlich fühlt man sich gut! Man hat so viel Energie und Glück in sich, dass beinahe alles Negative und Unharmonische davongeschwemmt wird. Man entwickelt eine Art Scheuklappenblick, bleibt im energetischen Bereich verhaften und glaubt, mit dieser Methode alle Probleme der Welt lösen zu können.
Die Psychisch-geistige Schule
Bei diesen Übungen versucht man, den Geist auf eine Sache oder eine Haltung zu konzentrieren und die dabei ablaufenden psychisch-geistigen Prozesse zu beobachten, zu durchleben, zu lösen und loszulassen. Dabei kann die Aufmerksamkeit auf den Atem, ein Bild, einen Ton, die Rezitation heiliger Texten oder ein Gefühl gerichtet sein. Durch diese geistige Konzentration, die natürlich ebenfalls Disziplin verlangt, wird man auch hier nach langem Üben irgendwann eins mit der Übung. Durch die intensive Beobachtung des Geistes wird man im Laufe der Zeit mit allem vertraut, was die eigene Psyche beherbergt – mit den alten Traumata, den vielen „negativen“ Seiten, Tabus, irrigen Vorstellungen, bisher unbekannten „guten“ Eigenschaften und vielem mehr.
All dies will durchlebt werden und seinen Platz im Inneren finden. Dabei hilft es, immer wieder zur inneren Übung zurückzukehren. Sie ist wie ein Anker, der den Übenden auf stürmischer See am richtigen Platz hält. So wird der Geist zum sicheren Zuhause, in dem man sich im Laufe der Jahre immer besser auskennt, weshalb sich auch hier eine sichere Gelassenheit einstellt. Normalerweise nimmt man das, was man vorher als „Ich“ bezeichnet hat, nicht mehr so wichtig. Vieles, was früher belastend war, verliert mit zunehmender Erkenntnis seine Bedeutung. Indem man die eigenen unendlichen Seiten durchlebt, versteht man andere sehr viel besser, da man diese Anteile ja schon von sich selbst kennt. Man lernt, sich selbst und die Welt besser zu verstehen und anzunehmen. Durch die intensive Beobachtung werden Körper und Energie automatisch miteinbezogen. Die Verbindungen zwischen diesen Bereichen werden klarer, und so kommt es auch hier zum Annehmen, zum Loslassen und zur Heilung.
Bei diesem Vorgehen liegt die Gefahr darin, dass die Erfahrung auf die geistig-psychische Ebene beschränkt bleibt und man den körperlichen Bereich ausklammert. Oder man bleibt im Philosophischen stecken, und das Handeln deckt sich nicht mit den Erfahrungen und Kenntnissen. Dann entsteht auch hier ein Scheuklappenblick, der den Übenden in der geistigen Welt gefangen hält und den Blick für die Realität trübt. Wie Sie sehen, ähneln sich die Schwierigkeiten beider Richtungen: Beide tendieren dazu, ihre jeweilige Methode für das Nonplusultra zu halten. Aber zur Ganzheit, und das haben Sie nun schon einige Male gehört, zählen immer alle möglichen Seins-Aspekte. Nur so lässt sich die Einheit verwirklichen
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